Dresden kann Leichtathletik – und wie! Bei bestem Wetter heizten 8.050 Fans den mit nationalen und internationalen Stars gespickten Teilnehmerfeldern des Goldenen Ovals im Dresdner Heinz-Steyer-Stadion ordentlich ein und weckten bereits Vorfreude auf die in vier Wochen folgenden Deutschen Meisterschaften. Neben den beiden Olympiasiegerinnen Valarie Allman und Yemisi Ogunleye überzeugten vor allem auch die Youngstars des DLV.
Es ist ein Stadion mit einer beeindruckenden Historie und seit der Neueröffnung im vergangenen Jahr bereit, wieder Sportgeschichte zu schrieben. Den Auftakt dabei machte am Sonntag das Goldene Oval. Nachdem mit der Wiederbelebung des Traditionsmeetings 2024 bereits der Grundstein gelegt wurde, hat es in diesem Jahr noch einmal ein ganz anderes Level erreicht.
Erstmals mit dem Silber-Label von World Athletics ausgestattet, zog es nationale wie internationale Hochkaräter in das Heinz-Steyer-Stadion und machte Dresden zur Hauptstadt der Weltklasse-Leichtathletik. Bei Sonnenschein und Spitzenleichtathletik feierte Dresden eine stimmungsvolle Sommerparty.
„Das Goldene Oval 2025 war ein Fest der Leichtathletik“, sagte Idriss Gonschinska, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Leichtathletik-Verbands. „Die Fans haben die kleinen und großen Stars fantastisch unterstützt. Das macht Lust auf mehr. Auch die Athletinnen und Athleten sind durchweg begeistert.“ Dresdens Sportbürgermeister Jan Donhauser schwärmte: „Dresden ist zurück auf der internationalen Leichtathletik-Karte. Das war ein toller Auftakt für weitere große Events hier in Dresden.“
US-Star Chase Jackson triumphiert im letzten Versuch
Entsprechend hochklassig besetzt war etwa das Kugelstoßen der Frauen. Unter tosendem Beifall und eingerahmt von Feuerfontänen wurden hier mit der deutschen Olympiasiegerin Yemisi Ogunleye (MTG Mannheim) und der zweifachen Weltmeisterin Chase Jackson aus den USA gleich zwei Athletinnen von Weltformat begrüßt. Hinzu kamen WM- und EM-Medaillengewinnerinnen sowie die Sechste und Siebte der Hallen-EM Alina Kenzel (VfB Stuttgart) und Katharina Maisch (LV 90 Erzgebirge).
In der Kurve vor dem Marathontor waren es dann die beiden Favoritinnen, die ihr Arbeitsgerät am weitesten hinaus stießen – mit einem kleinen Feuerwerk zelebriert wurde dann auch der fünfte Stoß von Yemisi Ogunleye auf 19,67 Meter. Doch der beste des Tages sollte es nicht sein. US-Rekordhalterin Chase Jackson konterte im sechsten und letzten Versuch noch einmal mit 19,73 Metern und gewann die Kugelstoß-Premiere beim Goldenen Oval vor der deutsche Ausnahme-Athletin.
Yemisi Ogunleye mit bestem Saisoneinstieg ihrer Karriere
Für Yemisi Ogunleye war es nach einer bakteriellen Mandelentzündung zwar ein später, aber durchaus erfolgreicher Saisoneinstieg – der beste ihrer bisherigen Karriere. Platz drei sicherte sich die mehrfache US-Meisterin Maggie Ewen (USA). Katharina Maisch (18,82 m) und Alina Kenzel (18,52 m) beendeten den Wettkampf auf Rang sechs und acht.
„Der erste Wettkampf ist immer nicht so einfach, aber mit so einer starken Weite bin ich noch nie eingestiegen. Ich bin sehr zufrieden. Dresden ist eine meiner Lieblingsstädte in Deutschland. Auch das Stadion und die Stimmung sind hier super. Wir werden tolle Deutsche Meisterschaften in diesem Stadion haben“, sagte Yemisi Ogunleye mit Vorfreude auf das Wiedersehen in Dresden Ende Juli.
Olympiasiegerin tanzt sich zum Sieg
Ihren Besuch in Dresden wird die Diskus-Olympiasiegerin Valarie Allman (USA) vor allem mit dem Stichwort Tanzen in Erinnerung behalten. Angefangen mit einem Besuch in der Semperoper am Freitag, bewegte sie sich am Sonntag dann beinahe gleichermaßen anmutig wie eine Ballerina durch den Diskusring, bevor sie die ein Kilogramm schwere Scheibe direkt im ersten Versuch kraftvoll über den Rasen des Heinz-Steyer-Stadions fliegen ließ. Ihr bester Versuch landete bei 67,84 Metern. Da keine der Konkurrentinnen weiter warf, folgte schließlich ein Freudentänzchen vor voll versammelter Kulisse.
„Ich liebe es, in Deutschland Wettkämpfe zu bestreiten und bin sehr dankbar, dass ich bei diesem noch sehr jungen Meeting dabei sein durfte“, jubelte Allman. Nach ihrem Fabelwurf auf 68,10 Meter am Freitagabend in Wiesbaden gingen für EM-Medaillengewinnerin Shanice Craft (SV Halle) dieses Mal 64,07 Meter in die Ergebnisliste ein: Rang vier.
Mika Sosna überzeugt im Diskusring
Eine erfolgreiche Generalprobe für die Deutschen Meisterschaften gab es auch im Diskuswerfen der Männer. Zwar mussten die DLV-Asse einmal mehr dem Olympia-Dritten Matthew Denny (Australien) den Vortritt lassen, der bereits Siege aus Doha und Halle mitgebrachte hatte, lieferten dahinter aber standesgemäß ab. Mit einem ungültigen Versuch in den Wettkampf gestartet, legte Mika Sosna (TSG Bergedorf) all seinen Frust darüber in den zweiten Versuch und schleuderte die zwei Kilogramm schwere Scheibe auf 66,86 Meter: Platz zwei.
„Ich habe mich sehr über meine Weite gefreut. Das Meeting ist großartig – es ist sehr gut besucht und man merkt, dass sich die Veranstalter viel Mühe gegeben haben: vom Hotel über den Shuttle bis hin zum Stadion. Das macht einfach richtig Spaß. Die Stadt Dresden kann sich glücklich schätzen, jetzt ein so tolles Meeting zu haben“, so Mika Sosna.
Gregory Minoué mit kuriosem Solo zum Sieg
Es sah nach eine Siegeslauf von Gregory Minoué (TV Kalkum-Wittlaer) aus, als er seine Stärke über 110 Meter Hürden im Mittelfeld ausspielte und sich immer weiter nach vorn drängte. Doch dann kam er zu Fall, fing sich mit einem Purzelbaum ab und musste die Konkurrenz ziehen lassen.
Dann die Wende: Aufgrund einer Behinderung im Rennen durfte Minoué am späten Nachmittag noch einmal in einem Solorennen den Lauf wiederholen. Mit vollem Fokus zog er sein Rennen durch und lief in 13,57 Sekunden nicht nur dicht an seine persönliche Bestzeit heran, sondern auch zum Sieg im Gesamtklassement. Der Deutsche Meister im Freien und in der Halle Manuel Mordi (Hamburger SV; 13,95 sec) wurde Fünfter. „Im Alleingang nur zwei Hundertstel über meiner Bestzeit – damit bin ich sehr zufrieden“, sagte Gregory Minoué.
Rosina Schneider begeistert von Dresden
Das Hürdenrennen der Frauen über 100 Meter beherrschte die US-Amerikanerin Rayniah Jones. In 12,83 Sekunden setzte sie sich vor Crystal Morrison (Jamaika; 12,93 sec) und U20-Europameisterin Rosina Schneider (TV Sulz; 13,04 sec) durch. Die Sechste der Hallen-EM Marlene Meier (TSV Bayer 04 Leverkusen; 13,09 sec) wurde Fünfte, Franziska Schuster (TSV Bayer 04 Leverkusen) egalisierte dahinter ihre persönliche Bestleistung auf 13,11 Sekunden.
„Heute an die 13 Sekunden heranzulaufen, ist natürlich top. Ich bin zuversichtlich, irgendwann auch diese Schallmauer zu durchbrechen. Dresden ist eine sehr schöne Stadt. Die Menschen sind sehr nett, viele sehr freundliche Volunteers. Und dieses supermoderne Stadion ist ein Traum“, sagte Rosina Schneider, die in Dresden gleich zwei Normen für die U23-EM abhaken konnte: über 100 Meter Hürden sowie mit der DLV-Staffel über 4×100-Meter.
Malaika Mihambo mit solidem Saisoneinstieg
Ganz zusammenpassen wollte zum Saisoneinstieg dagegen bei Weitsprung-Olympiasiegerin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) noch nicht alles. Mit nur einem gültigen Versuch schaffte sie es dennoch aufs Treppchen und wurde mit 6,66 Meter Zweite. Den Sieg holte sich die EM-Dritte Agate de Sousa aus Portugal (6,73 m).
„Der Wettkampf war ganz in Ordnung. Ich hatte ein paar Probleme, weil ich mich im ersten Sprung leicht verletzt habe. Es war zudem mein erster Wettkampf ohne meinen Trainer, aber Yemisis Trainerin hat mich auch toll unterstützt. In Summe habe ich mich dennoch gut geschlagen. Das Stadion ist sehr schön. Obwohl es gar nicht so groß ist, kommt eine tolle Stimmung auf. Die Fans waren Feuer und Flamme. Es hat sehr viel Spaß gemacht, hier zu springen“, sagte Malaika Mihambo.
Knappe Entscheidung im Sprintfinale
Den Schluss-Akkord unter ein rundum gelungenes Leichtathletik-Event der Spitzenklasse setzten die Sprinterinnen über 100 Meter, das mit gleich vier der fünf Mitglieder von Deutschlands Olympia-Bronze-Staffel stattfand. Die schnellsten Beine hatte am Sonntag jedoch Loorene Bazolo (Portugal).
In einem für das bloße Auge kaum erkennbaren Zieleinlauf wurde sie mit 11,34 Sekunden als Siegerin ausgeben. Dicht dahinter folgten die in Chemnitz trainierende Rebekka Haase (Sprintteam Wetzlar; 11,37 sec), für die der Ausflug nach Dresden ein Heimspiel war, und Sophia Junk (LG Rhein-Wied; 11,37 sec). Es folgten Lisa Mayer (Sprintteam Wetzlar; 11,37 sec) und die Deutsche Hallenmeisterin über 60 Meter Alexandra Burghardt (Cologne Athletics; 11,46 sec).
Zwei kleine Schreckmomente gab es über 200 Meter der Männer, nachdem sich gleich zwei Athleten einen Fehlstart leisteten und nicht mehr ins Geschehen eingreifen konnten. Davon unbeirrt sprintete der Tokio-Olympiasieger mit der 4×100-Meter-Staffel Eseosa Desalu (Italien) ungefährdet zum Sieg. In 20,21 Sekunden distanzierte er den Deutschen Rekordhalter Joshua Hartmann (ASV Köln; 20,77 sec) deutlich. Für den jungen Lokalmatador Ivo Ziebold (Dresdner SC 1898; 21,54 sec) wurde es Platz sechs.
Jana Lakner überrascht mit Sieg über 400 Meter
Über 400 Meter der Frauen konnte sich auf der Zielgeraden Deutschlands Jugend-Leichtathletin des Jahres 2024 Johanna Martin (1. LAV Rostock) zunächst absetzen. Doch auf den letzten Metern wurde es noch einmal richtig spannend – und die Deutsche Hallenmeisterin 2024 und 2025 musste sich zeitgleich der heranstürmenden Jana Lakner (LG Telis Finanz Regensburg) geschlagen geben. Für beide Athletinnen bedeutete eine Zeit von 51,77 Sekunden jeweils persönliche Bestleistung, gleichermaßen wie die 52,51 Sekunden für die Drittplatzierte Annkathrin Hoven (TSV Bayer 04 Leverkusen).
„Diese Zeit war schon immer in den Beinen, ich musste nur den richtigen Moment abwarten. Dass es so ein schneller Einstieg wird, ist dennoch eine Überraschung“, sagte Jana Lakner. Und auch Johanna Martin war zufrieden: „Einen besseren Einstieg in die Saison hätte ich mir nicht vorstellen können. Ich bin gespannt, was diese Saison noch geht.“
Emil Agyekum mit starker Performance
Schnellster Mann über die Stadionrunde war der Belgier Daniel Segers, der auf der Zielgeraden den besten Spurt hatte und in 44,95 Sekunden erstmals die magische 45-Sekunden-Marke unterbieten konnte. Dahinter passierten Mihal Sorin Dringo (Rumänien; 45,47 sec) und der Deutsche Meister Jean-Paul Bredau (VfL Wolfsburg) das Ziel. Seine Zeit von 45,58 Sekunden war zugleich eine neue Deutsche Jahresbestleistung. Manuel Sanders (TV Wattenscheid 01; 45,82 sec), der als Teil der deutschen 4×400-Meter-Staffel im Sommer 2024 mit EM-Bronze überrascht hatte, wurde Vierter.
Lange sah es über 400 Meter Hürden nach einem sicheren Sieg für Olympiateilnehmer Alastair Chalmers (Großbritannien) aus. Doch dann kam der Deutsche Meister Emil Agyekum (SCC Berlin) Meter um Meter heran und gewann in starken 48,36 Sekunden. Das ist die viertbeste Zeit, die je von einem deutschen Hürdenläufer erzielt wurde – selbstredend, dass Emil Agyekum damit auch die WM-Norm für Tokio (Japan) erfüllt hat.
„Ich bin ohne Erwartungen in den Wettkampf gegangen. Ich wollte einfach nur Spaß haben. Das Publikum ist der Hammer, geiles Wetter, tolles Stadion, sehr viele Leute – da kann man nur schnell laufen. Ein super Saisoneinstieg, der Selbstvertrauen gibt“, sagte Agyekum.
Talent Jana Becker überzeugt bei den Großen
Erst vor zwei Wochen mit den spezifischen 800-Meter-Einheiten angefangen, war der Saisoneinstieg für Deutschlands beste 800-Meter-Läuferin des vergangenen Sommers Majtie Kolberg (LG Kreis Ahrweiler) eine „Überraschungskiste“. Im Fokus stehe für sie die Konstanz – und mit 2:00,95 Minuten lässt sich gut darauf aufbauen. Für das Treppchen hat es in Dresden damit noch nicht gereicht – das will die Deutsche Hallenmeisterin 1.500 Meter dann bei den nationalen Titelkämpfen im Rahmen der Finals nachholen.
Den Sieg sicherte sich Favoritin Lore Hoffmann (2:00,11 min) aus der Schweiz. Die Deutsche Hallenmeisterin Jana Becker (Königsteiner LV; 2:01,41 min) präsentierte sich mit ihren 19 Jahren durchaus konkurrenzfähig und belegte mit persönlicher Bestzeit Platz fünf. Für die frühere 400-Meter-Spezialistin Alica Schmidt (SCC Berlin), die direkt aus dem Höhentrainingslager angereist war, wurden zum Saisoneinstieg 2:06,33 Minuten gestoppt.
Bestleistungen am Stück auf der Mittelstrecke
Ein Rennen, in dem die persönlichen Bestleistungen nur so purzelten, waren die 1.500 Meter. Die schnellste Zeit erreichte dabei schließlich der Franzose Pierrik Jocteur-Monrozier (3:33,25 min) vor seinem Landsmann Flavien Szot (3:33,72 min) und Archie Davis (Großbritannien; 3:34,95 min).
Lokalmatador und Hindernis-Spezialist Karl Bebendorf (Dresdner SC) überzeugte auf der Unterdistanz mit einem starken Schlussspurt und lief in persönlicher Bestzeit von 3:35,51 Minuten auf Rang neun. Direkt vor ihm sortierten sich Mohamed Abdilaahi (Cologne Athletics; 3:35,32 min) und Marc Tortell (Athletics Team Karben; 3:35,44 min) ein – ebenfalls mit persönlichen Bestzeiten.
Wie üblich die längste Zeit im Stadion verbrachten die Stabhochspringer. Mit Beginn des Einspringens schon vor Veranstaltungsbeginn bis weit in den Nachmittag hinein lieferten sie eine sehenswerte Flugshow und wurden vom ersten Versuch an bis zur Entscheidung um die Medaillen mit rhythmischem Dauerklatschen durch den Wettkampf begleitet.
Am besten ins Fliegen kam bei seinem zweiten Wettkampf nach einer Handverletzung der zweifache WM-Medaillengewinner und Olympiazweite von Tokio 2022 Christopher Nilsen (USA). In einer blitzsauberen Serie überwand er jede seiner übersprungenen Höhen direkt im ersten Versuch, erst bei 6,01 Meter wollte die Latte nicht liegenblieben. Somit standen für den Sieger 5,92 Meter im Protokoll.
Einen guten zweiten Platz gab es bei seinem Saisoneinstieg für den Vize-Europameister von 2022 Bo Kanda Lita Baehre (Düsseldorf Athletics). Nachdem er bereits bei übersprungenen 5,63 Metern einen Freudensprung auf der Matte machte, ging es anschließend auch noch über 5,73 Meter. Höhengleich auf Platz drei landete der mehrfache Medaillengewinner bei Welt- und Europameisterschaften Piotr Lisek (Polen). Für den Olympia-Dritten und Hallen-Europameister Emmanouil Karalis (Griechenland) blieb es in Dresden bei einer Höhe von 5,63 Meter und Rang vier.
U23-EM-Normen für DLV-Staffeln
Eingebettet in die Wettkämpfe der Großen fanden für die Sprinterinnen und Sprinter der Altersklasse U23 Staffelläufe über 4×100 Meter statt. Und diese wussten die einzigartige Kulisse im schnellen Dresdner Stadion für sich zu nutzen. Sowohl die beiden DLV-Staffeln der Frauen (44,25 sec und 44,46 sec) als auch die beiden DLV-Staffeln der Männer (39,37 sec und 39,75 sec) blieben unterhalb der geforderten Norm für die U23-Europameisterschaften (17.-20.07., Bergen/Norwegen) und sicherten sich somit den Startplatz bei ihrem internationalen Saisonhöhepunkt.
Für die Qualifikation und somit einen Einzelstart über 100 Meter bei der U23-EM hat es für die drei Erstplatzierten der U23 Viola John (LG Brillux Münster; 11,69 sec), Sila Sönmezcicek (TSV Amicitia Viernheim 1906/09; 11,69 sec) und Sina Kammerschmitt (MTG Mannheim; 11,75 sec) noch nicht gereicht.